Rippen

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Geripptes ChipSet mit Grafiken aus The Legend of Zelda of Zelda - A Link to the Past im RM2k-/RM2k3-Format, gerippt von Lord Mord

In der RPG-Maker-Szene wird mit Rippen das Herausschneiden von Grafiken aus bestehenden Videospielen gemeint. Das gerippte Material wird anschließend in ein geeignetes Format gebracht, sodass es direkt im Maker genutzt werden kann.

Meist wird hierzu mit Hilfe eines Emulators ein älteres Konsolenspiel auf dem PC ausgeführt. Anschließend werden Screenshots angefertigt und aus diesen werden bestimmte Grafiken mittels Grafikprogrammen pixelgenau ausgeschnitten. Seltener wurde auch aus PC-Spielen oder gar anderen Maker-Spielen gerippt. Anschließend werden die gerippten Materialien in ein für die Maker nutzbares Format konvertiert und arrangiert, also etwa ChipSets oder CharSets. Nicht selten wurden diese gerippten Sets noch weiter bearbeitet. Das Spektrum reichte hierbei von farblichen Modifikationen und dem Ändern kleinerer Details bis hin zur Erweiterung um neue Elemente, welche im Originalspiel gar nicht enthalten waren, sondern in dessen Stil neu gepixelt wurden.

Rechtlich ist das Rippen als kritisch einzustufen, da dabei Grafiken aus urheberrechtlich geschützten Werken ohne Genehmigung entnommen werden.

Ein großer Teil der von Fans erstellten Maker-Ressourcen, insbesondere für den RPG Maker 2000 und den RPG Maker 2003, bestand aus gerippten Grafiken oder Abwandlungen davon. Mitte der 2000er-Jahre gab es kaum ein Maker-Spiel, das ganz ohne geripptes Material auskam. Dies ist sicherlich auch in den hohen Ansprüchen der Community begründet; zeitweise war es für Maker-Spiele fast schon „Pflicht“, geripptes Material einzusetzen. Die weite Verbreitung von Rips führte bei vielen damit entwickelten Spielen zu einem merklichen grafischen Mischmasch: Rips stammten häufig aus vielen unterschiedlichen Titeln mit starken stilistischen Unterschieden.

Um das Rippen von Grafiken bildete sich in den einschlägigen Communities zeitweise eine merkwürdige, eigene „Ethik“ heraus. Dabei wurde der „Ripper“ zum vermeintlichen Autor und das Rippen als eigentliche Leistung stilisiert, während die Arbeit des tatsächlichen Urhebers bzw. Entwicklers ignoriert wurde. Teils wurde nicht einmal der Name des „Ursprungsspiels“ angegeben, aus dem die Grafik entnommen wurde. Sollte es sich dabei um einen wenig bekannten Titel handeln, ist es schwierig überhaupt festzustellen, ob es sich bei den entsprechenden Ressourcen um geripptes Material handelt geschweigedenn welchen Ursprung dieses hat. Diese merkwürdige „Ripper-Ethik“ gipfelte auch darin, dass viele Maker-Webseiten mit „exklusiven Rips“ warben, also gerippten Grafiken, die nur bei einer bestimmten Seite angeboten wurden. Die Webseite GamingGroundZero drohte gar einigen Usern rechtliche Schritte an, weil diese „exklusive Rips“ an anderer Stelle weiterverbreiteten.

Nachdem die Maker-Szene in Fahrt gekommen war, begannen manche Entwickler damit, ihre Spiele mit Tools wie MoleBox zu verschlüsseln um „Ressourcenklau“ zu verhindern. Dies führte in einigen Fällen zur völlig absurden Situation, dass gerippte Grafiken aus Makerspielen erneut gerippt wurden. Diese Praxis ist heute jedoch so gut wie verschwunden.

Im Laufe der Jahre änderte sich die Einstellung der Maker-Community zum Rippen. Inzwischen sind verstärkt die rechtlichen Aspekte in den Vordergrund gerückt, sodass Rippen zunehmend hinterfragt und seltener geworden ist.

Beispiel

Ripbeispiel.jpg

Folgendes Bild rechts ist ein Screenshot, der mittels eines Emulators gemacht wurde. Mit einem Grafikprogramm schneidet man anschließend nur die markierte Figur pixelgenau heraus. Anschließend könnte man sie beispielsweise in ein CharSet einbauen.

Gründe für die Verbreitung gerippter Grafiken

Die Hauptmotivation, gerippte Grafiken einzusetzen, ist sicherlich, das eigene Spiel mit Grafiken auszustatten, die nicht bereits in dutzenden anderen Makerspielen verwendet wurden. Das Zeichnen bzw. Pixeln eigener, neuer Grafiken ist jedoch aufwendig und erfordert einiges an grafischem Talent und Gespür und nicht zuletzt auch Zeit. Ein Spiel komplett mit eigenen Grafiken zu gestalten würde meist vielfach den Rahmen eines Hobbyprojektes sprengen.

Im Gegensatz dazu ist Rippen verhältnismäßig einfach und schnell zu bewerkstelligen. Außer der grundlegenden Handhabung eines Grafikprogramms und gegebenenfalls eines Emulators ist kaum spezielles Know-How oder grafisches Talent erforderlich. Für Maker-Projekte, die in den allermeisten Fällen von nur einer einzigen Person in deren Freizeit entwickelt werden, ist dies sehr attraktiv, da mit vergleichsweise wenig Aufwand eine ansprechende Optik erzielt werden kann.

Der riesige Pool an 2D-Rollenspielen für Konsolen wie Super Nintendo, Mega Drive oder Game Boy Advance lädt förmlich dazu ein, sich aus einer riesigen Menge an Vorlagen zu bedienen. Begünstigend hinzu kommt auch die ähnliche Auflösung dieser Konsolen im Vergleich zur Auflösung RPG Maker 2000 und 2003 (beim Mega Drive ist sie, zumindest im PAL-Bereich, sogar identisch) und dass Maptiles auf diesen Systemen so gut wie immer eine Größe von 16×16 Pixeln (bzw vier 8×8-Blöcke) aufweisen.

Außerdem konnten und können Entwickler von Webseiten und anderen Maker-Spielen auf große Mengen gerippter Grafiken zurückgreifen, die bereits im passenden Format vorliegen. In den meisten Fällen wurden Rips schlicht von anderen Spielen oder Webseiten übernommen und nicht selbst erstellt.

Nicht zuletzt spielten auch Dynamiken innerhalb der Maker-Szene eine Rolle. Die Ansprüche der Community stiegen ebenso schnell wie die Maker-Szene wuchs, und schon bald kam es zu regelrechten Anfeindungen und heftigem Flaming gegenüber optisch schlichten Projekten sowie den Standardgrafikstilen. Die Verwendung von Rips hingegen galt lange Zeit als guter Stil und Beweis für den Qualitätsanspruch eines Spiels. So waren etwa eigens angefertigte Rips lange ein gerngesehenes „Feature“ eines Maker-Spiels.

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