Maker-Maßstäbe

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Im weitesten Sinne sind die Maker-Maßstäbe Qualitätsansprüche die an RPG-Maker-Spiele gestellt werden. Wie auch die Maker-Szene selbst wandelten sich die Ansprüche an Projekte im Laufe der Zeit. Dieser Artikel soll einen Überblick zu diesem Thema bieten.

„Disziplinen“

Bei der Bewertung von (Maker-)Spielen lassen sich verschiedene Disziplinen oder Bereiche ausmachen:

Während die Ansprüche an Mapping und Technik mit der Zeit rasant anstiegen, blieben die Maßstäbe für Story und besonders Musik über die Jahre weitgehend gleich.

Kriterien für gute Spiele

Nicht jedes gute oder erfolgreiche Spiel (und damit sind nicht nur Maker-Spiele gemeint) erfüllt alle der obigen Anforderungen mit Bravour. Umgekehrt sind gute Technik, ansprechendes Mapping, ein stimmiger Soundtrack und eine lange Spieldauer noch lange kein Garant für einen Hit, etwa wenn das entsprechende Spiel ansonsten langweilig ist, die Charaktere uninspiriert wirken und die Hintergrundgeschichte wie der hundertste Abklatsch des klassischen "Guter Held rettet die Welt vor dem Bösewicht" klingt. Gerade in der Maker-Szene existieren viele Spiele, die technisch und grafisch durchaus solide realisiert wurden, aber keinerlei Wiedererkennungswert und wenig Originalität besitzen. Die Bedeutung von Technik und Mapping sollte dennoch nicht unterschätzt werden. Auch wenn die Hintergrundgeschichte eines Spiels für den Nobelpreis in Literatur nominiert sein muss - wenn alles in einer öden und verbuggten Pixelwüste stattfindet, dann stehen die Chancen gut, dass dieses Spiel erfolglos bleiben wird.

Viele Maker-Projekte scheiterten letztlich entweder daran, dass einer oder mehrere dieser Aspekte sträflich vernachlässigt wurde(n) oder aber die eigenen Ansprüche der Entwickler unrealistisch hoch waren und eine Fertigstellung des Spiels als Hobbyprojekt kaum möglich war. Dies spiegelt sich unter anderem darin wieder, dass deutlich mehr Projekte nur als Demo existieren oder gar vor Veröffentlichung einer spielbaren Version abgebrochen wurden, als solche die den Status einer abgeschlossenen Vollversion.

Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass besonders Projekte mit aufwendiger Technik selten den Status einer Vollversion erreichten (z.B. Velsarbor oder Sonic Party 2), während einige der erfolgreichsten Maker-Spiele (z.B. Vampires Dawn 2, Unterwegs in Düsterburg) in diesem Bereich auf vorgefertigte Maker-Standards zurückgriffen.

Maker-Maßstäbe im Verlauf der Zeit

Mapping eines erfolgreichen Maker-Spiels (Onyx) im Jahr 2000

Im Laufe der Zeit veränderten sich die Maßstäbe mit denen die Qualität von RPG-Maker-Spielen gemessen wird drastisch. In den ersten Tagen der deutschsprachigen Maker-Szene, etwa ab dem Jahr 2000, waren die Ansprüche an neue Maker-Spiele gering. Es gab kaum Projekte, die als Vorbilder dienen konnten, die ersten Foren waren gerade in Entstehung. Zu diesem Zeitpunkt gab es wenig Konkurrenz, die meisten Entwickler waren sogesehen „Pioniere“ und jedes halbwegs ambitionierte Spiel wurde positiv angenommen. Ein gutes Beispiel ist das Spiel Onyx - Schwert der Finsternis, das zu den ersten deutschen Maker-Projekten gehörte. Obwohl es in keinem Bereich besonders hervorstach, gelangte es damals zu recht zu großer Bekanntheit - schlicht weil es eines der ersten größeren Maker-Projekte war.

Dies änderte sich alles sehr schnell als die Maker-Szene ab 2001 stark anwuchs. Schnell stiegen die Ansprüche an Mapping und Technik. Im grafischen Bereich kamen Rips immer mehr in Mode, beim Mapping versuchte man die Qualität von klassischen SNES-Rollenspielen zu erreichen. Im technischen Bereich kamen eigene Kampfsysteme, Wettersysteme und Tag&Nachtwechsel in Mode. Ein Blick auf Aurora's Tear, das zu den bekanntesten Projekten des Jahres 2001 gehörte, zeigt wie schnell die Ansprüche stiegen.

Mapping in Aldaran, 2004

In den nächsten Jahren ging es in dieser Richtung weiter. Die Zahl der verfügbaren Maker-Ressourcen wuchs durch Rips und Eigenkreationen immer weiter, die REFMAP-Grafiken, auch als Mac&Blue-Ressourcen bekannt, gewannen ebenfalls stark an Verbreitung. RTP-Grafiken wurden zunehmend geächtet, einfache oder weniger ambitionierte Projekte wurden in Foren immer öfter Opfer von Flaming. Eigene Ressourcen waren fast schon eine Art Statussymbol, der tatsächliche oder vermeintliche Ressourcenklau ein häufiges Streitthema.

Diese hohen Ansprüche führten natürlich zu einem sehr hohen Arbeitsaufwand und langen Entwicklungszeiten. Viele überambitionierte Projekte kamen daher nicht über den Demostatus heraus oder wurden sogar noch vor einer Demoveröffentlichung abgebrochen. Vollversionen von großen Projekten waren relativ selten. Beispiele für Projekte, die an den zu hohen eigenen Anforderungen scheiterten sind etwa Aldaran oder das unveröffentlichte Legend of Kardia. Mit dem Erscheinen des RPG Maker XP änderte sich nichts an den hohen Ansprüchen. Im Zeitraum zwischen etwa 2003 und 2007 erschienen viele technisch und grafisch solide Spiele, die angesichts der enormen Konkurrenz aber nur wenig Beachtung fanden, obwohl sie einige Jahre zuvor vermutlich noch Aufsehen erregt hätten.

Aspekte wie Story oder Spielkonzept schienen angesichts des technischen und grafischen „Wettrüstens“ etwas in den Hintergrund zu geraten. Der Erfolg von Spielen wie Unterwegs in Düsterburg zeigte jedoch, dass gerade diese Punkte wichtig waren und es häufig nicht erforderlich war, technisch und grafisch die Grenzen des Makers auszuloten.

Spätestens ab 2006 war ein Punkt erreicht, an dem eine weitere Steigerung im technischen und grafischen Bereich mit den klassischen Makern (RPG2000/2003) kaum mehr möglich war. Titel wie Sonic Party 2 zeigten, dass es inzwischen Spiele gab, die alle internen Makerstandards ablösten und der Maker längst nicht mehr nur für RPGs verwendet wurde.

Seit 2008/2009 ist ein Umdenken in der Maker-Szene bemerkbar, was wohl auch mit der zunehmenden Verbreitung der neuen Maker-Versionen zusammenhängt. Gleichzeitig scheint aber auch die Maker-Szene als ganzes geschrumpft zu sein, verglichen mit der Hochzeit zwischen 2003-2006. Rips haben an Verbreitung verloren, da zunehmend auch rechtliche Aspekte beachtet werden. Story und Spielkonzepte scheinen gegenüber den technischen und grafischen Aspekten wieder mehr an Bedeutung zu gewinnen, auch einfachere Projekte werden wieder objektiver betrachtet.